Verrutschte Weltanschauung

Westdeutsche Zeitung WZ, Mönchengladbach, 29. Okt. 1996. Rita Cleuvers über Einzelausstellung in der Galerie Grahn

Farbenprächtige Projektionen der Weltkarte. neu geordnet -grobkûrnige Video-Standbilder aus dem Film »Terminator Tl", neu gemischt. In den Bildern und Fotoarbeiten, die uns seit Freitag die Galerie Grahn bietet. geht es der 33jährigen Schweizer Künstlerin Myriam Thyes mit Atelier im Düsseldorfer Salzmannbau um die Suche und das Neuentdecken von Wissen und Bildern, die bereits vorhanden sind. Die Künstlerin nimmt alte Kartenprojektionen zum Vorbild, wenn sie in ihren Harz-Ölgemälden auf Baumwolle die Welt pazifik- oder antarktis-zentriert und ihnen einen herz- oder lampionförmigen Bild-Rahmen innerhalb des bespannten Rahmens gibt. Die Kontinentlinien konstruiert sie flächengetreu anhand der Gradnetze, eine neue verzerrte Weltansicht entsteht. Wie durch einen Magneten beeinflußt, erscheinen Afrika und Asien in der Mitte, wohingegen Europa an den Rand rutscht. Die Formen der Erdteile, z.B. wie züngelndes Feuer, bestimmen die Farbigkeit des Bildes. Auf einer Gesamtlänge von neun Metern erstrecken sich 25 Doppelfotos (45 x 30 cm) mit Original-Bildausschnitten des Filmes "Terminator 2". Die obere Bildfläche zeigt emotionale Entwicklungsphasen der Hauptdarstellerin "Sarah" - Aufwachen, Erschrecken, Depression, Wut und Erleichterung -, die untere Hälfte die Veränderung der Materie der Killermaschine aus Flüssigmetall. Da Formen, Farben und Licht der Bildhälften korrespondieren, liegt die Betonung der Aussage nicht im Entsetzen, sondern in der bewußten Wahrnehmung der Lichtveränderung von kaltem Blau bis hin zu einem warmen Terrakotta-Braunrot, den Farben der Elemente Wasser und Erde.

 

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